Montag, 25. Februar 2008

Don't drum with your head



Check this shit out!! Mittwoch Abend in Manchester, dem selbsternannten Nabel der Welt. Nach einem für mich persönlich äußerst unentspannten freien Tag an dem sich sämtliche Haushaltsmächte des Universums gegen mich verschworen zu haben scheinen (Waschmaschine 1 voller schwarzem Schmutzwasser das nicht abfließen will; Waschmaschine 2 ständig besetzt; Trockner ebenso; in Küche 1 tropft es von der Decke, genauer gesagt durch die Lampe weil: die Pipes von Dusche 1 direkt darüber wohl etwas am Arsch sind; und Dusche 2 heißt mich mit einem lauten BANG! fröhlich willkommen als ich sie als Notlösung nutzen will und wirft mir überschwenglich die Kabinentür entgegen die sich danach nicht mehr verankern lässt), entpuppt sich auch das Weggehen als höchst uneinfach. Anscheinend hat sich nämlich das Internet dafür entschieden mich wie der inventarische Rest des Hauses zu dissen, nebst entpackungstechnischen Problemen die mich fast in den Wahnsinn treiben, schmiert auch Skype dauernd ab, und wie soll ich denn da mit Mali ausmachen wann und wo wir uns treffen? Da wir beide out of Telefonguthaben sind geht es eben schwer, und so sehe ich mich schon alleine im Haus der Hölle auf dem Küchenboden sitzen, mit dem steten und leicht lebensgefährlichen Elektrowassertropfen als einzige Gesellschaft.

Unterdessen entscheidet Nina sich dafür in einer 30-Minuten-Blitzaktion mit Julian (Erasmus-Student aus Hamburg, der einzige aus diesem Verein zu dem wir Kontakt haben) ins Night & Day Café auf ein Konzert zu gehen. Das Night & Day Café ist ein ziemlich berkanntes Lokal im Northern Quarter, und angeblich eben dafür bekannt, dass hier die Stars von morgen spielen, bevor Ruhm und Geld sie in die Drogenhölle der Musikkarriere erheben. (Wer bei LOST auf dem neuesten Stand ist, weiß vielleicht dass Charlies Band „Driveshaft“ hier ihren ersten Gig gespielt hat – wenn das schon mal nicht sensationell genug ist!)
Wie dem auch sei sind diese 30 Minuten sowohl für mein ungepflegtes Äußeres als auch für das Nahverkehrssystem zu knapp, und da auch Mali da nicht mitziehen kann, müssen Nina und Julian eben alleine dahin. Nachdem Skype sich endlich meiner erbarmt beschließe ich mit Mali dass dieser Tag bislang einfach zu scheiße war um noch diese eine Party zu besuchen (von der wir eh gar nicht wussten wo sie war) und uns stattdessen in unserem heißgeliebten Trof auf ein paar Guinness (Mali) und hoffentlich viel Whiskey (ich) zu treffen.
Wenig später sitzen wir also wieder mal da, in diesem gemütlichen Lokal mit der beeindruckenden Müllkübeltechnik und der schönsten Klotapete der Welt (welche übrigens auch als Hintergrundgrafik für den informativsten Blog der Welt herhalten muss, nämlich für diesen hier), unterhalten uns bei steigendem Pegel immer ausgelassener über alles Mögliche und beschweren uns über die teils sehr kontaktscheuen Engländer im Allgemeinen.
Da kommt doch tatsächlich kurz vor Sperrstunde ein Typ an unseren Tisch und beginnt mit uns eine Unterhaltung darüber wo wir denn herkommen, was wir so machen und so weiter.
Er (im Folgenden: G.) erzählt dass er selbst erst seit vier Tagen in Manchester ist und zuvor in Liverpool gewohnt hat.
Was ihn denn nach Manchester treibt, frage ich, woraufhin G erklärt dass seine Bandmitglieder alle hier wohnen und er also hergezogen ist weil er die tägliche Pendlerei satt hatte. Aha, er ist also in einer Band, gut für ihn! Mali und ich nicken aufmunternd, weil wir ja wissen dass es hier an die zig Millionen Bands gibt und er mit seiner Truppe also eh nicht wirklich die besten Chancen hat groß rauszukommen. Wir kennen uns eben aus.
Ich frage ihn was er denn sonst so macht, wenn er nicht gerade seine Jugend damit verplempert einem Rockstarleben nachzuträumen. Er kuckt kurz komisch und sagt dann, dass er sonst nichts macht. Mali hakt gleich nach, wie nichts – und ob er denn davon leben kann?
Er bejaht dies, sagt noch schnell dass er ja wirklich Glück gehabt und so, und will das Gespräch gleich wieder auf uns und unsere Auslandserfahrungen lenken, aber jetzt ist natürlich mein Detektivsinn geweckt und ich muss mehr wissen.
Ich frage G also wie seine Band denn heißt, er antwortet irgendwas wovon weder Mali noch ich jemals gehört haben – und wie gesagt, wir kennen uns ja aus. So super können die also eh nicht sein. Wir fragen ungefähr tausend Mal nach, was, wie heißt ihr nochmal? Irgendwas mit Dead People? Er bleibt bewundernswert freundlich und erklärt uns dass das Wort das wir meinen „Ghost“ ist, es ist also eigentlich nur eine tote Person im Bandnamen statt ganz vieler Leute. Aha. Kenn ich trotzdem nicht. Ich bleibe hartnäckig und frage welches Instrument er spielt - mein erster Gedanke ist Gitarre, er behauptet aber steif und fest dass er der Drummer sei.
Ich schaue ihn mir noch mal genauer an, und erkläre ihm dass das gar nicht sein kann, weil er mit seiner schmächtigen Statur gar nicht wie ein Schlagzeugspieler aussieht. G lacht und meint dass er das schon öfters gehört hat, er es aber doch noch gerade so schafft die Sticks zu halten und dass er also schon damit klarkommt. Der Whiskey in mir beharrt aber darauf dass seine Arme einfach viel zu dünn sind um drumtechnisch irgendwas losmachen zu können, und so gebe ich ihm – Gott weiß warum – den wohlgemeinten Tip stattdessen doch mit seinem Kopf zu trommeln, das ginge sicher besser! Mali lacht das Lachen, das sie immer dann lacht wenn ich vor Unbekannten wieder mal mein Maul zu weit aufreiße, und so füge ich schnell hinzu dass ich damit aber nicht sagen will dass sein Schädel irgendwie monströs groß sei oder so, nein nein, von den Proportionen her passt das schon alles – aber er könnte das mit dem Kopftrommeln ja trotzdem mal probieren... Er kuckt wieder etwas komisch und sagt dass das eine... interessante Idée sei. Ich widme mich klugerweise wieder dem Whiskey um so für ein paar Sekunden länger die Klappe zu halten. G will wissen welche Musik wir denn so hören, und Mali gibt ihre obligatorische Libertines/Babyshambles-Antwort und beschwert sich im Zuge dessen darüber, dass die hier in England ansonsten ja keiner so wirklich zu mögen scheint, auf jeden Fall nicht so wie sie sich das vorgestellt hat. G sagt ja, Pete Doherty sei vor allem durch seine Drogeneskapaden ziemlich unbeliebt in gewissen Kreisen, obwohl er selbst ihn ja ziemlich sympathisch findet – er hat nämlich mal bei einem Babyshambles-Konzert in der Vorband gespielt und fand es eigentlich ganz lustig wie der extrem dichte Pete mit dem Kopf immer wieder gegen das Mikrofon geknallt ist, und ansonsten sei er auch nett gewesen, der Pete. Wir kucken beide etwas blöd. Vorband vom Pete? Na dann siehts für seine Band ja vielleicht doch nicht so schlecht aus!

Mali fragt G ob sie denn demnächst mal hier ein Konzert spielen. Er sagt ja, lustigerweise gleich am nächsten Tag, was für ein Zufall. Mali fragt wo das denn ist – und er sagt im Night & Day Café. Da kucken wir wieder etwas blöd, aber weil wir ja so nett sind und eine aufstrebende Amateurband gerne unterstützen, sagen Mali und ich dass wir da ja vorbeischauen könnten, also wenn wir nichts Besseres zu tun haben und so. Er wird etwas verlegen und sagt: Nee, das geht wohl nicht dass wir da vorbeischauen, das Konzert ist nämlich ausverkauft. Oh! Wieder blöd kucken. Weil G selbst auch ziemlich nett ist, versichert er uns dass das aber gar kein Problem sei, weil er uns ja einfach auf die Gästeliste setzen könnte – wenn wir denn kommen wollen. Das wollen wir natürlich. Nach dem Rausschmiss aus dem Trof ziehen wir diesen armen, neu zugezogenen Mann auf einer planlosen Irrung durch die Stadt ins Joshua Brooks (genau entgegengesetzt von da wo er wohnt), wo es so scheiße ist dass wir bald wieder auseinander gehen. Um das mit der Gästeliste zu finalisieren tauschen wir Nummern aus und verabschieden uns bis zum nächsten Tag.

Zuhause angekommen muss ich natürlich recherchieren was es mit dieser mir gänzlich unbekannten Geister-Band auf sich hat. Ein Wikipedia-Eintrag klärt mich darüber auf, dass besagte Band bislang ein Album herausgebracht hat, welches in den englischen Charts auf Anhieb auf Platz 7 gelandet ist. Selbiges Album wurde übrigens auch vom Manic Street Preachers-Sänger (das werden jetzt wieder nur die Alten kennen) zu seinem Lieblingsalbum 2007 erklärt, weswegen er wohl auch darauf bestanden hat, die Band mit dem Kopftrommler mit auf Tour zu nehmen. Einige Rolling Stone-Lobgesänge und sonstige begeisterte Artikel später stelle ich fest, dass wir Deppen ohne es zu wissen einer Berühmtheit begegnet sind.

Am Tag darauf treffe ich, mit einem extrem zähen Kater im Kopf, die genauso lädierte Mali im Sainsbury’s (Supermarkt), wo wir beide zwischen Multivitaminsaft und Mikrowellenreis zugeben, dass wir eigentlich viel zu kaputt sind um auf dieses Konzert zu gehen. Zudem ist mir die Geschichte mit der Gästeliste etwas unangenehm und ich male mir aus wie schrecklich peinlich es erst wird, wenn wir zwei Exchange Idiots vor diesem extrem coolen Laden mit den extrem coolen Leuten stehen und mit rosigen Wangen irgendwas von Gästeliste daherstammeln, nur um vom kräftig gebauten Bouncer und allen seinen extrem coolen Freunden schallend ausgelacht zu werden. Aber Kneifen gilt natürlich nicht, und nachdem G mir per SMS bestätigt hat, dass wir fix reinkönnen, steht also fest dass wir da hingehen.

Dem Rauchverbot sei dank treffen wir vorm Night & Day eh auf den schlotenden G, der die Sache mit dem Einlass für uns erledigt, sodass wir ungeächtet, unblamiert und erfreulicherweise unzahlend das Night & Day betreten können.
Drinnen treffen wir gleich auf eine freundliche Frau die uns eine Jack Daniels-Gitarre schenken möchte, wie nett! Wir müssen dafür auch nur eine Karte mit allen möglichen persönlichen Details ausfüllen und diese in eine Box werfen. Ich mache den Spaß nur mit, weil Mali mir versichert dass sie mit dieser Gitarre eine ähnlich erfolgreiche Band wie die vom G gründen kann, die so dermaßen viel Kohle einbringt dass wir für immer in Saus und Braus leben können ohne jemals wieder arbeiten oder zur Schule gehen zu müssen. Na dann!
Die nette Night & Day-Frau hat aber auch noch ein ganz kartenloses Geschenk für uns, nämlich jeweils ein Whiskeymixgetränk gratis! Das heisst für mich zwei, weil die Mali ja ein Whiskeyverächter ist. Ziemlich ungeil dass diese ganz offensichtlich von Gott persönlich gesandte Whiskeyfrau mir ausgerechnet an diesem einzigen Tag im Jahr begegnen muss, an dem ich also wirklich überhaupt keine Lust auf das Gesöff habe, weil es mir noch vom Vortag aus den Ohren rausrinnt. Na, das hat Gott sich wohl nicht besonders gut überlegt.

Nach einer höchst motivierten Lalalaaa-Vorband entern auch schon die Hauptpersonen des Abends zur johlenden Freude des Publikums die Bühne – und das keine Sekunde zu früh. Meine müden Knochen schreien nämlich nach ihrem wohlverdienten Schlaf, weswegen ich sie mittlerweile auf die Rückenlehne einer Bank verfrachtet habe, von wo aus ich das ganze Spektakel beobachte. Zwar sehe ich vom Sänger mit der beeindruckend vollen Stimme den ganzen Abend lang nichts, dafür eine massive Steinsäule vor der Bühne, ist doch auch was. Die Musik ist schön, die Leute singen begeistert mit (Ina: von denen ist übrigens auch das Lied mit der „brain“-Textzeile die du damals so lustig fandest…) und obwohl leider weder Mali noch ich die Jack Daniels-Gitarre gewinnen konnten, gehen wir nach dem gelungenen Konzert zufrieden nachhause. Auf dem Weg zum Bus konstatieren wir dass G und seine Truppe ihre Sache wirklich gut machen, und attestieren ihnen noch eine große Zukunft. Und wir kennen uns da schließlich aus.




Cheers,
Sara

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Amok-Busfahrer, Vip-Sightings, Erdbeben...was kommt als Nächstes??? ;-)

Malaika, Nina, Sara hat gesagt…

Oh Gott, ich bin so froh Litschogen, das mit dem Erdbeben hier gerade zu lesen; dann hattest du gestern Nacht noch Kontakt zu den Mädels... und es war ein Erdbeben?!? Ich dachte, mein Fieber steigt in unmessbare Höhen und ich spinne jetzt total, aber die spitzen Schreie auf dem Wohnheimflur haben mir auch anderes gesagt. Ja, ich frage mich genauso, ob als nächstes vielleicht ein Vulkan spuckt:-)
Naja, dann mal liebe Grüße von einer etwas aufgelösten Nina.

Anonym hat gesagt…

ich war ja erst felsenfest davon überzeugt dass das wieder mal der wind ist, obwohl das ganze haus echt so gewackelt hat als ob es jemand umwerfen will. als es dann aber nicht aufhörte und auch noch ziemlich laut war, war ich mir sicher dass wieder mal meine mitbewohner bescheuert sind und vom oberen stock her das ganze haus einstampfen oder so… ;)

Anonym hat gesagt…

kurzzusammenfassung: als mali und sara nach kurzer suche und mit etwas glück den g. auffanden, waren sie dem himmel schon vermeintlich nahe, doch! ein höhepunkt wurd's dann leider doch nicht...

Anonym hat gesagt…

tanza go isch lässig…