Montag, 11. Februar 2008

Nur die Harten kommen in die 2. Reihe …


… und bleiben dann ganze 1,5 Stunden dort. Und das gilt hoch 10 wenn die Harten nur 155 cm hoch sind. In meinen Haaren befinden sich ca. zwei Liter Bier, ich bin in Schweiss von 4000 Leuten gebadet, ich habe blaue Flecken, beinahe hätte ich einen Zahn und ein Auge verloren, aber ich bin glücklich!!!


Nina und ich trennten uns gleich schon vor Beginn des Konzerts, erstens weil sie noch eine rauchen wollte, was dann aber leider nicht ganz klappte (aber diese Geschichte soll sie Euch selber erzählen) und zweitens, weil sie nicht die Absicht hatte das Spektakel von ganz vorne aus mitzuerleiden.
Am Anfang war's da vorne ja noch ganz human. Mit brillianter international communication hab ich 2 dicke, alte Männer dazu überreden können, mich vorzulassen und somit stand ich dann schon gleich in zweiter Reihe. In die erste Reihe zu kommen war deswegen unmöglich, weil die, die sich einen Platz in derselbigen ergattert hatten, sich schon ab 19.00 Uhr krampfhaft am Geländer festklammerten. Herkules bin ich ja auch nicht grade. Ach so, genau: die zwei dicken alten Männer waren übrigens wahrscheinlich die einzigen die noch älter waren als ich.
Die Girlies direkt hinter mir waren anscheinend noch größere Fans als ich und versicherten sich andauernd gegenseitig, dass sie mit Sicherheit beim Anblick des schönen Peters tot umfallen würden. Außerdem stimmten sie ein kollektives Kreischkonzert an, als links hinter dem Bühnenvorhang eine Beule sichtbar wurde, die sich dann aber leider schließlich als nichts anderes als eine Beule im Vorhang entpuppte.

Zunächst musste ich aber einen äußerst langweiligen Auftritt einer Knabenband namens Tinseltown And Beggars über mich ergehen lassen. Wer mich kennt, der weiss ja, dass ich eigentlich fröhlichem Indie-Songs nicht abgeneigt bin, und wenn ein Lied Yeaaahhhh und Babiiiieeeeee enthält, dann mag ich das normalerweise sehr gerne. Aber das happy Gedudle und uuuhhh dieser Boys nervte mich richtig. Abgesehen davon imitierten sie teilweise gleichzeitig meine Libertines und die Smiths in solch blasphemischer Art und Weise, dass es schon mehr als unverschämt war. Als sie dann auch noch lalalalala sangen und das ganze Schlamassel mit einem schmalzigen lalalalaLOOOO krönten, da platzte mir grad der Kragen. Zum Glück war's da aber auch schon vorbei. Immerhin konnten die Jungs mich dadurch beeindrucken, dass sie sich ihrerseits nicht davon beeindrucken liessen, schon ab dem zweiten Lied mit Bierflaschen beworfen zu werden.

Danach spielten die Couteneers, die gar nicht mal so schlecht waren, für mich aber nichts weiter als ein zusätzliches Hindernis zwischen mir und meinen Shambles darstellten.

Mittlerweile war es schon sehr warm da vorne und dauernd versuchten sich irgendwelche dreisten Nachzügler skrupellos zwischen mich und die erste Reihe zu drängen. Aber ich kann ziemlich hart sein, wenn es drauf ankommt und so wehrte ich alle Angriffe auf meinen Platz erfolgreich und gewohnt stahlpanzermäßig ab.

Endlich wurden diverse Accessoires, die zum neue, lustigen Bühnenoutfit der Shambles gehören, aufgebaut: alte, englische Ladenschilder (ganz in Albionmanier), ein Ohrensessel, ein Kleiderständer und zwei alte Stehlampen.
Und dann kamen sie endlich daher. Der Peter, wie immer sehr schick, hängte Mantel und Schal ganz wohlerzogen auf den Kleiderständer und los ging's mit Carry On Up The Morning.
Ab diesem Zeitpunkt kämpfte ich ums nackte Überleben, aber sehr motiviert natürlich. Der schöne Drew, der Peter und Adam befanden sich die ganze Zeit in meinem Blickfeld (außer natürlich wenn ich grad Bier im Auge hatte oder die Haare meiner Vorderfrau im Mund oder wenn mein Gesicht von 8-10 Armen eingequetscht war oder wenn ohnmächtige Personen aus den hinteren Reihen über meinen Kopf nach vorne transportiert wurden) und Mick brauch ich ja bekanntermaßen nicht unbedingt sehen.

Ich habe die Shambles ja letztes Jahr schon mal in London erlebt. Damals allerdings nur aus der dritten Reihe und quer und da konnte ich nicht halb so gut sehen (und bin trotzdem nur knapp dem Mosh Pit-Tod entkommen!). Heute hab ich wirklich ALLES gesehen und ich kann es eigentlich nur so beschreiben: ich war romantisiert, ja ich möchte beinahe sagen aphrotisiert, exaltiert und extasiert – meine seit gestern voll ausgebrochene Grippe tat vielleicht ihr Übriges dazu.
Ich sang wie ein Weltmeister (weiss der Kuckuck warum nicht ich selbst längst auf den Bühnen dieser Welt vor Tausenden von kreischenden Fans auftrete), ich schrie und ich sprang. Und als ich einmal kurz keinen Platz für meine Füsse fand und die mir sowieso schon wehtaten, da zog ich sie einfach ein, was gar keinen Unterschied machte, weil ich so eingeklemmt war, dass ich ohne Bodenkontakt in genau der selben Höhe und genau im selben Takt weiter hüpfte. Äußerst praktisch das.

In der Setlist fehlten mir persönlich ein paar mehr von den alten Sachen und wenn schon so viele Songs von der Shotters Nation, dann hätte ich mir schon "There She Goes" und "Lost Art Of Murder" gewünscht.
Und dann war der ganze Auftritt so professionell und organisiert und perfekt. Ich will die Shambles wieder chaotisch und dreckig haben. Dafür war der Peter in guter Form, wirkte sehr anwesend und gesund, was ja auch was Schönes ist.

Hier die Setlist in vielleicht nicht ganz der richtigen Reihenfolge:

Carry on up the morning
Delivery
You talk
I wish
Sedative
Back from the dead
Unbilotitled
Badies Boogie
Unstookietitled
Pretty Sue
Was Ganz was Neues
Pipe down
Beg Steal and Borrow
The Blinding
Side of the Road
Albion
Killamangiro
Fuck Forever

Insgesamt war ich, wie zu erwarten war, begeistert und euphorisch und hab mir nach diesem fröhlichen Fest der Körperflüssigkeiten als ich mit der Nina durch ein Meer von Plastikflaschen und verlorenen Schuhen aus der Halle stolperte, noch ein T-Shirt gekauft - und das obwohl es natürlich völlig überteuert war. Aber was sollte ich machen? Meines war klatschnass und ich bin schließlich krank und brauchte deswegen ein trockenes. Dafür konnte ich vor der Halle noch zwei schöne Plakate sehr günstig illegal erwerben.

Abgesehen von den obligatorischen blöden "Pete Pete Pete Pete…"-Sprechchören (Hallo? Da tritt eine ganze Band auf, ihr Menschen!) war das einzig blöde an diesem Abend, dass ich den Peter leider wieder nicht aufgabeln konnte. ;-) Deswegen müssen wir uns alle wieder mit einer dilettantischen Montage zufrieden geben. Na ja, vielleicht schaff ich's ja noch mal die Babyshambles live zu sehen solange ich hier bin…









No! how could I let go?
Since I caught a glimpse of your white plimsoles
Twisting and turning to northern soul
Just once glance, ah well you know,
Everybody knows


- Malaika

2 Kommentare:

Andi, Tobi hat gesagt…

Hart wie Kruppstahl, zäh wie Leder ;-)

soemse hat gesagt…

also erstmal alle hüte ab ... unter diesen bedingungen 62 stunden in der 2 reihe ausharren, ist schon very taff. dass er lost art of murder nicht genöhlt hat, ist natürlich eine gemeinheit, die sogar MICH tief betroffen macht. das sehr verschärfte t-shirt verschafft mir allerdings wieder trost ... : )