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Mittwoch, 2. Juli 2008

Die Radiokopf-Experience


Die erste Konzertkarte, die wir uns hier in Manchester besorgt haben - nämlich im Jänner schon - war die für das Radiohead Konzert. Und am Sonntag war es dann endlich soweit, das letzte grosse Ereignis unseres Aufenthaltes. Leider konnte die Schlari aus umzugstechnischen Gründen dann gar nicht mitgehen, was sehr sehr traurig war, weil das wäre doch der perfekte Abschluss gewesen.

Daf hatte ja behauptet, dass das ein Konzert im kleinen privaten Rahmen werden würde, mit 400 Leuten. Dass das nicht stimmte war spätestens klar, als wir zusammen mit ca. 400 Leuten an der Strassenbahnhaltestelle standen und eine Stunde lang eine Bahn nach der anderen vorbeifahren liessen, jede davon so voll, dass nicht mal mehr eine Bohnenstange reingepasst hätte.
Schließlich waren wir so schlau eine andere Route zu nehmen und von den Salford Quayes die 20 Minuten bis zum LCCC Stadion zu laufen. Dort trafen wir dann auf den Rest der Menschen. Ich habe irgendwo gelesen, dass es insgesamt 40.000 Zuschauer waren und irgendwo anders stand es seien 56.000 gewesen. Wie auch immer, es waren viele viele viele Menschen.
Das war auch der Grund dafür wieso ich diesmal wirklich nicht daran gedacht habe mich in die erste Reihe zu quetschen, nicht mal ansatzweise. Und da ich nirgendwo in der Menge was von der Bühne gesehen hätte und sowohl Daf also auch Jeremy und Jem der Meinung waren, dass es bei einem Radiohead Konzert nicht viel zu tanzen gibt, haben wir uns rechts von der Bühne auf die Tribüne in die Sonne gesetzt und dem Strom von Menschen zugesehen, der ins Stadion einbrach.

Erste Vorband waren MGMT, die ganz nett waren. Umgehauen haben sie mich nicht, das konnte man daran erkennen, dass ich die Zeit ihres Auftritts für ein Abschiedsgespräch mit Jem nützte und danach 15 Minuten in der Schlange vor dem Klo anstand. Vielleicht hätte ich mir ihre Sachen aber auch vor dem Konzert schon ein bisschen anhören sollen, denn die Schlari sagt ja, dass MGMT gewöhnungsbedürftig sind und sehr gut, wenn man sie sich öfter anhört.

Die zweite Dame gefiel mir besser. Wie Daf es vorausgesagt hatte. Bat For Lashes. Er meinte dass die wie eine Mischung aus den frühen Goldfrapp Sachen und Björk klingt und in der Tat: es war sehr schön. Am anderen Ende des Stadions bewegten sich die Bäume in Zeitlupe im Takt zur Musik und unten vor der Bühne tat die Menge dasselbe. Ich trank dazu ein Bier und alles war super.

Mittlerweile bin ich ja die Engländer und ihre vielen Regeln gewohnt und so erschien es mir gar nicht sooo eigenartig, dass die Hauptband bereits vor 20.00 Uhr auftrat (wo uns noch die Sonne blendete), weil um 22.30 Uhr curfew ist und da bis dahin alle Menschen das Stadion verlassen haben müssen kann die Band natürlich nur bis 22:15 Uhr spielen.
Und wie die gespielt haben! Nach den ersten 3 Liedern war ich wunschlos glücklich und dachte mehr kann man ja nicht verlangen. Wir versicherten uns gegenseitig, dass es eigentlich sch##egal ist was sie spielten, denn keinem von uns fiel auch nur ein einziges Lied ein, das uns nicht gefaellt. Und so ertönten am Anfang jedes neuen Liedes ganz viele "Aaaahhh"- und "Oooohhh"-Rufe, genauso wie bei einem grossen Feuerwerk - und sowas ähnliches wie ein Feuerwerk wars ja auch.

Die Lichtshow war sehr beeindruckend. Mal schien Wasser die Leuchtstäbe hinabzufliessen, dann wieder sah es so aus wie ein Fernsehflimmerbild oder die Matrix. Links und rechts von der Bühne befanden sich zwei 4-geteilte Leinwände und eine lange direkt hinter der Band. Von oben,wo wir sassen,sah sowohl die Bühne als auch die Menschenmenge davor wunderschoen aus. "15 Steps" und "All I Need" liessen mich von einem Ohr zum anderen grinsen und das Grinsen ging dann auch nicht mehr weg und sah wahrscheinlich ein bisschen psychopathisch aus. Allerdings hat das eh keiner mitgekriegt, denn irgendwie waren wir einfach alle hypnotisiert. Ab "No Surprises" fing mein Magen an auf und ab zu hüpfen und ich vergass zeitweise zu atmen (und das passiert mir nur wenn ich sehr glücklich bin). Eine atemberaubende eigenartige D&B-Version von Idiotique rührte mich schließlich zu Tränen. Vor der 3. Zugabe erwähnte der Thom, dass grad doch noch ein paar Minuten bis zur curfew blieben.

"We've got a few more minutes before we turn into pumpkins. Or mice or whatever the fuck it is."
Und kaum war der letzte Ton von "Lucky" verklungen und der Thom hatte "Thank you" gesagt liefen alle Leute sofort zu den Ausgängen. Ja, so ist das eben mit den Gesetzen hier.

Völlig benommen nahmen wir zurück den selben Weg wie hinwärts und das war auch gut so, denn die Straßenbahnen, die direkt vorm Stadion halten waren stundenlang restlos überfüllt und deswegen ist dann auch eine von denen im Stadtzentrum entgleist. Da dort um die Zeit die Gehsteige zum Glück wie leergefegt sind ist Gott sei Dank nicht viel passiert. Nur ein paar Leichtverletzte.
MEN - Entgleiste Strassenbahn

Für diejenigen, die es interessiert, noch schnell die Setlist:

01 15 Step
02 Airbag
03 There There
04 All I Need
05 Nude
06 Arpeggi
07 The Gloaming
08 The National Anthem
09 Faust Arp
10 No Surprises
11 Jigsaw Falling Into Place
12 Reckoner
13 Just
14 Bangers 'n Mash
15 Everything In Its Right Place
16 Fake Plastic Trees
17 Bodysnatchers
18 Videotape
19 Paranoid Android
20 Myxomatosis
21 Optimistic
22 Karma Police
23 Pyramid Song
24 2+2=5
25 Idioteque
26 Lucky

"You ever met a politician and got the feeling they're hollow inside? I had that feeling. However, I remain optimistic."


Ach ja! Fazit: Ich will das gleich nochmal haben!!!


Cheers Loves,

Mali

Sonntag, 9. März 2008

Fink und Stateless im Night&Day Café


Fast hätte ich es verpasst. Und fast wär ich gestern Abend stattdessen in ein Künstlercafé gegangen. Aber zum Glück ist es mir dann noch rechtzeitig eingefallen. Und da ich im Internet keine Karten mehr bestellen konnte, weil ich schon zu spät dran war, musste ich gestern mal ausnahmsweiser die Berge von Hausaufgabe ignorieren und ins Night & Day Café fahren, um mir dort noch Karten für den Gig zu organisieren. Und: ich hab die letzen Karten gekriegt. So ein Glück! Da war ich dann so erleichtert, dass ich sofort vor Ort ein braunes Wasser (Kaffee) runtergeschränzt habe. Ach, das Night & Day Café ist ein putziger Runggelladen nach meinem Geschmack!

Leider haben wir dann den Anfang vom Stateless Auftritt verpasst. Und das war echt schade. Ich war ja sehr gespannt auf die, denn es war ein Akustikkonzert und ich konnte mir gar nicht vorstellen, wie das klingen würde. Zum Glück kamen wir immerhin rechtzeitig um "Bloodstream" zu hören und das war dann so schön, dass ich mir wieder einmal eine Träne nicht verdrücken konnte. Vor allem der mehrstimmige Gesang verursachte eine ordentliche Gänsehaut.
Nach Stateless kamen wir zum Glück auf die glorreiche Idee uns links neben die Bühne zu stellen, von wo aus man eine perfekte Sicht auf Fink hatte. Also wieder mal ganz vorne mit dabei gewesen.
Fink hatte einen Bassisten und einen Schlagzeuger mit dabei und ich war hin und weg als die dann zu spielen anfingen. Manchmal stand ich einfach nur mit offenem Mund da, staunte und kam mir dabei vor wie eine Antenne (versteht das jemand?). Der Bassist spielte teilweise so schnell, dass man seine Finger nicht mehr sehen konnte. Und die Stimme vom Fink ist einfach mal sagenhaft. Schön war das!

Nach dem Konzert tauchte der Fink dann in der Damentoilette auf und unterhielt seine weiblichen Fans. Haha! Engländer…

Liebe Grüße,

Mali


Montag, 25. Februar 2008

Don't drum with your head



Check this shit out!! Mittwoch Abend in Manchester, dem selbsternannten Nabel der Welt. Nach einem für mich persönlich äußerst unentspannten freien Tag an dem sich sämtliche Haushaltsmächte des Universums gegen mich verschworen zu haben scheinen (Waschmaschine 1 voller schwarzem Schmutzwasser das nicht abfließen will; Waschmaschine 2 ständig besetzt; Trockner ebenso; in Küche 1 tropft es von der Decke, genauer gesagt durch die Lampe weil: die Pipes von Dusche 1 direkt darüber wohl etwas am Arsch sind; und Dusche 2 heißt mich mit einem lauten BANG! fröhlich willkommen als ich sie als Notlösung nutzen will und wirft mir überschwenglich die Kabinentür entgegen die sich danach nicht mehr verankern lässt), entpuppt sich auch das Weggehen als höchst uneinfach. Anscheinend hat sich nämlich das Internet dafür entschieden mich wie der inventarische Rest des Hauses zu dissen, nebst entpackungstechnischen Problemen die mich fast in den Wahnsinn treiben, schmiert auch Skype dauernd ab, und wie soll ich denn da mit Mali ausmachen wann und wo wir uns treffen? Da wir beide out of Telefonguthaben sind geht es eben schwer, und so sehe ich mich schon alleine im Haus der Hölle auf dem Küchenboden sitzen, mit dem steten und leicht lebensgefährlichen Elektrowassertropfen als einzige Gesellschaft.

Unterdessen entscheidet Nina sich dafür in einer 30-Minuten-Blitzaktion mit Julian (Erasmus-Student aus Hamburg, der einzige aus diesem Verein zu dem wir Kontakt haben) ins Night & Day Café auf ein Konzert zu gehen. Das Night & Day Café ist ein ziemlich berkanntes Lokal im Northern Quarter, und angeblich eben dafür bekannt, dass hier die Stars von morgen spielen, bevor Ruhm und Geld sie in die Drogenhölle der Musikkarriere erheben. (Wer bei LOST auf dem neuesten Stand ist, weiß vielleicht dass Charlies Band „Driveshaft“ hier ihren ersten Gig gespielt hat – wenn das schon mal nicht sensationell genug ist!)
Wie dem auch sei sind diese 30 Minuten sowohl für mein ungepflegtes Äußeres als auch für das Nahverkehrssystem zu knapp, und da auch Mali da nicht mitziehen kann, müssen Nina und Julian eben alleine dahin. Nachdem Skype sich endlich meiner erbarmt beschließe ich mit Mali dass dieser Tag bislang einfach zu scheiße war um noch diese eine Party zu besuchen (von der wir eh gar nicht wussten wo sie war) und uns stattdessen in unserem heißgeliebten Trof auf ein paar Guinness (Mali) und hoffentlich viel Whiskey (ich) zu treffen.
Wenig später sitzen wir also wieder mal da, in diesem gemütlichen Lokal mit der beeindruckenden Müllkübeltechnik und der schönsten Klotapete der Welt (welche übrigens auch als Hintergrundgrafik für den informativsten Blog der Welt herhalten muss, nämlich für diesen hier), unterhalten uns bei steigendem Pegel immer ausgelassener über alles Mögliche und beschweren uns über die teils sehr kontaktscheuen Engländer im Allgemeinen.
Da kommt doch tatsächlich kurz vor Sperrstunde ein Typ an unseren Tisch und beginnt mit uns eine Unterhaltung darüber wo wir denn herkommen, was wir so machen und so weiter.
Er (im Folgenden: G.) erzählt dass er selbst erst seit vier Tagen in Manchester ist und zuvor in Liverpool gewohnt hat.
Was ihn denn nach Manchester treibt, frage ich, woraufhin G erklärt dass seine Bandmitglieder alle hier wohnen und er also hergezogen ist weil er die tägliche Pendlerei satt hatte. Aha, er ist also in einer Band, gut für ihn! Mali und ich nicken aufmunternd, weil wir ja wissen dass es hier an die zig Millionen Bands gibt und er mit seiner Truppe also eh nicht wirklich die besten Chancen hat groß rauszukommen. Wir kennen uns eben aus.
Ich frage ihn was er denn sonst so macht, wenn er nicht gerade seine Jugend damit verplempert einem Rockstarleben nachzuträumen. Er kuckt kurz komisch und sagt dann, dass er sonst nichts macht. Mali hakt gleich nach, wie nichts – und ob er denn davon leben kann?
Er bejaht dies, sagt noch schnell dass er ja wirklich Glück gehabt und so, und will das Gespräch gleich wieder auf uns und unsere Auslandserfahrungen lenken, aber jetzt ist natürlich mein Detektivsinn geweckt und ich muss mehr wissen.
Ich frage G also wie seine Band denn heißt, er antwortet irgendwas wovon weder Mali noch ich jemals gehört haben – und wie gesagt, wir kennen uns ja aus. So super können die also eh nicht sein. Wir fragen ungefähr tausend Mal nach, was, wie heißt ihr nochmal? Irgendwas mit Dead People? Er bleibt bewundernswert freundlich und erklärt uns dass das Wort das wir meinen „Ghost“ ist, es ist also eigentlich nur eine tote Person im Bandnamen statt ganz vieler Leute. Aha. Kenn ich trotzdem nicht. Ich bleibe hartnäckig und frage welches Instrument er spielt - mein erster Gedanke ist Gitarre, er behauptet aber steif und fest dass er der Drummer sei.
Ich schaue ihn mir noch mal genauer an, und erkläre ihm dass das gar nicht sein kann, weil er mit seiner schmächtigen Statur gar nicht wie ein Schlagzeugspieler aussieht. G lacht und meint dass er das schon öfters gehört hat, er es aber doch noch gerade so schafft die Sticks zu halten und dass er also schon damit klarkommt. Der Whiskey in mir beharrt aber darauf dass seine Arme einfach viel zu dünn sind um drumtechnisch irgendwas losmachen zu können, und so gebe ich ihm – Gott weiß warum – den wohlgemeinten Tip stattdessen doch mit seinem Kopf zu trommeln, das ginge sicher besser! Mali lacht das Lachen, das sie immer dann lacht wenn ich vor Unbekannten wieder mal mein Maul zu weit aufreiße, und so füge ich schnell hinzu dass ich damit aber nicht sagen will dass sein Schädel irgendwie monströs groß sei oder so, nein nein, von den Proportionen her passt das schon alles – aber er könnte das mit dem Kopftrommeln ja trotzdem mal probieren... Er kuckt wieder etwas komisch und sagt dass das eine... interessante Idée sei. Ich widme mich klugerweise wieder dem Whiskey um so für ein paar Sekunden länger die Klappe zu halten. G will wissen welche Musik wir denn so hören, und Mali gibt ihre obligatorische Libertines/Babyshambles-Antwort und beschwert sich im Zuge dessen darüber, dass die hier in England ansonsten ja keiner so wirklich zu mögen scheint, auf jeden Fall nicht so wie sie sich das vorgestellt hat. G sagt ja, Pete Doherty sei vor allem durch seine Drogeneskapaden ziemlich unbeliebt in gewissen Kreisen, obwohl er selbst ihn ja ziemlich sympathisch findet – er hat nämlich mal bei einem Babyshambles-Konzert in der Vorband gespielt und fand es eigentlich ganz lustig wie der extrem dichte Pete mit dem Kopf immer wieder gegen das Mikrofon geknallt ist, und ansonsten sei er auch nett gewesen, der Pete. Wir kucken beide etwas blöd. Vorband vom Pete? Na dann siehts für seine Band ja vielleicht doch nicht so schlecht aus!

Mali fragt G ob sie denn demnächst mal hier ein Konzert spielen. Er sagt ja, lustigerweise gleich am nächsten Tag, was für ein Zufall. Mali fragt wo das denn ist – und er sagt im Night & Day Café. Da kucken wir wieder etwas blöd, aber weil wir ja so nett sind und eine aufstrebende Amateurband gerne unterstützen, sagen Mali und ich dass wir da ja vorbeischauen könnten, also wenn wir nichts Besseres zu tun haben und so. Er wird etwas verlegen und sagt: Nee, das geht wohl nicht dass wir da vorbeischauen, das Konzert ist nämlich ausverkauft. Oh! Wieder blöd kucken. Weil G selbst auch ziemlich nett ist, versichert er uns dass das aber gar kein Problem sei, weil er uns ja einfach auf die Gästeliste setzen könnte – wenn wir denn kommen wollen. Das wollen wir natürlich. Nach dem Rausschmiss aus dem Trof ziehen wir diesen armen, neu zugezogenen Mann auf einer planlosen Irrung durch die Stadt ins Joshua Brooks (genau entgegengesetzt von da wo er wohnt), wo es so scheiße ist dass wir bald wieder auseinander gehen. Um das mit der Gästeliste zu finalisieren tauschen wir Nummern aus und verabschieden uns bis zum nächsten Tag.

Zuhause angekommen muss ich natürlich recherchieren was es mit dieser mir gänzlich unbekannten Geister-Band auf sich hat. Ein Wikipedia-Eintrag klärt mich darüber auf, dass besagte Band bislang ein Album herausgebracht hat, welches in den englischen Charts auf Anhieb auf Platz 7 gelandet ist. Selbiges Album wurde übrigens auch vom Manic Street Preachers-Sänger (das werden jetzt wieder nur die Alten kennen) zu seinem Lieblingsalbum 2007 erklärt, weswegen er wohl auch darauf bestanden hat, die Band mit dem Kopftrommler mit auf Tour zu nehmen. Einige Rolling Stone-Lobgesänge und sonstige begeisterte Artikel später stelle ich fest, dass wir Deppen ohne es zu wissen einer Berühmtheit begegnet sind.

Am Tag darauf treffe ich, mit einem extrem zähen Kater im Kopf, die genauso lädierte Mali im Sainsbury’s (Supermarkt), wo wir beide zwischen Multivitaminsaft und Mikrowellenreis zugeben, dass wir eigentlich viel zu kaputt sind um auf dieses Konzert zu gehen. Zudem ist mir die Geschichte mit der Gästeliste etwas unangenehm und ich male mir aus wie schrecklich peinlich es erst wird, wenn wir zwei Exchange Idiots vor diesem extrem coolen Laden mit den extrem coolen Leuten stehen und mit rosigen Wangen irgendwas von Gästeliste daherstammeln, nur um vom kräftig gebauten Bouncer und allen seinen extrem coolen Freunden schallend ausgelacht zu werden. Aber Kneifen gilt natürlich nicht, und nachdem G mir per SMS bestätigt hat, dass wir fix reinkönnen, steht also fest dass wir da hingehen.

Dem Rauchverbot sei dank treffen wir vorm Night & Day eh auf den schlotenden G, der die Sache mit dem Einlass für uns erledigt, sodass wir ungeächtet, unblamiert und erfreulicherweise unzahlend das Night & Day betreten können.
Drinnen treffen wir gleich auf eine freundliche Frau die uns eine Jack Daniels-Gitarre schenken möchte, wie nett! Wir müssen dafür auch nur eine Karte mit allen möglichen persönlichen Details ausfüllen und diese in eine Box werfen. Ich mache den Spaß nur mit, weil Mali mir versichert dass sie mit dieser Gitarre eine ähnlich erfolgreiche Band wie die vom G gründen kann, die so dermaßen viel Kohle einbringt dass wir für immer in Saus und Braus leben können ohne jemals wieder arbeiten oder zur Schule gehen zu müssen. Na dann!
Die nette Night & Day-Frau hat aber auch noch ein ganz kartenloses Geschenk für uns, nämlich jeweils ein Whiskeymixgetränk gratis! Das heisst für mich zwei, weil die Mali ja ein Whiskeyverächter ist. Ziemlich ungeil dass diese ganz offensichtlich von Gott persönlich gesandte Whiskeyfrau mir ausgerechnet an diesem einzigen Tag im Jahr begegnen muss, an dem ich also wirklich überhaupt keine Lust auf das Gesöff habe, weil es mir noch vom Vortag aus den Ohren rausrinnt. Na, das hat Gott sich wohl nicht besonders gut überlegt.

Nach einer höchst motivierten Lalalaaa-Vorband entern auch schon die Hauptpersonen des Abends zur johlenden Freude des Publikums die Bühne – und das keine Sekunde zu früh. Meine müden Knochen schreien nämlich nach ihrem wohlverdienten Schlaf, weswegen ich sie mittlerweile auf die Rückenlehne einer Bank verfrachtet habe, von wo aus ich das ganze Spektakel beobachte. Zwar sehe ich vom Sänger mit der beeindruckend vollen Stimme den ganzen Abend lang nichts, dafür eine massive Steinsäule vor der Bühne, ist doch auch was. Die Musik ist schön, die Leute singen begeistert mit (Ina: von denen ist übrigens auch das Lied mit der „brain“-Textzeile die du damals so lustig fandest…) und obwohl leider weder Mali noch ich die Jack Daniels-Gitarre gewinnen konnten, gehen wir nach dem gelungenen Konzert zufrieden nachhause. Auf dem Weg zum Bus konstatieren wir dass G und seine Truppe ihre Sache wirklich gut machen, und attestieren ihnen noch eine große Zukunft. Und wir kennen uns da schließlich aus.




Cheers,
Sara

Montag, 11. Februar 2008

Nur die Harten kommen in die 2. Reihe …


… und bleiben dann ganze 1,5 Stunden dort. Und das gilt hoch 10 wenn die Harten nur 155 cm hoch sind. In meinen Haaren befinden sich ca. zwei Liter Bier, ich bin in Schweiss von 4000 Leuten gebadet, ich habe blaue Flecken, beinahe hätte ich einen Zahn und ein Auge verloren, aber ich bin glücklich!!!


Nina und ich trennten uns gleich schon vor Beginn des Konzerts, erstens weil sie noch eine rauchen wollte, was dann aber leider nicht ganz klappte (aber diese Geschichte soll sie Euch selber erzählen) und zweitens, weil sie nicht die Absicht hatte das Spektakel von ganz vorne aus mitzuerleiden.
Am Anfang war's da vorne ja noch ganz human. Mit brillianter international communication hab ich 2 dicke, alte Männer dazu überreden können, mich vorzulassen und somit stand ich dann schon gleich in zweiter Reihe. In die erste Reihe zu kommen war deswegen unmöglich, weil die, die sich einen Platz in derselbigen ergattert hatten, sich schon ab 19.00 Uhr krampfhaft am Geländer festklammerten. Herkules bin ich ja auch nicht grade. Ach so, genau: die zwei dicken alten Männer waren übrigens wahrscheinlich die einzigen die noch älter waren als ich.
Die Girlies direkt hinter mir waren anscheinend noch größere Fans als ich und versicherten sich andauernd gegenseitig, dass sie mit Sicherheit beim Anblick des schönen Peters tot umfallen würden. Außerdem stimmten sie ein kollektives Kreischkonzert an, als links hinter dem Bühnenvorhang eine Beule sichtbar wurde, die sich dann aber leider schließlich als nichts anderes als eine Beule im Vorhang entpuppte.

Zunächst musste ich aber einen äußerst langweiligen Auftritt einer Knabenband namens Tinseltown And Beggars über mich ergehen lassen. Wer mich kennt, der weiss ja, dass ich eigentlich fröhlichem Indie-Songs nicht abgeneigt bin, und wenn ein Lied Yeaaahhhh und Babiiiieeeeee enthält, dann mag ich das normalerweise sehr gerne. Aber das happy Gedudle und uuuhhh dieser Boys nervte mich richtig. Abgesehen davon imitierten sie teilweise gleichzeitig meine Libertines und die Smiths in solch blasphemischer Art und Weise, dass es schon mehr als unverschämt war. Als sie dann auch noch lalalalala sangen und das ganze Schlamassel mit einem schmalzigen lalalalaLOOOO krönten, da platzte mir grad der Kragen. Zum Glück war's da aber auch schon vorbei. Immerhin konnten die Jungs mich dadurch beeindrucken, dass sie sich ihrerseits nicht davon beeindrucken liessen, schon ab dem zweiten Lied mit Bierflaschen beworfen zu werden.

Danach spielten die Couteneers, die gar nicht mal so schlecht waren, für mich aber nichts weiter als ein zusätzliches Hindernis zwischen mir und meinen Shambles darstellten.

Mittlerweile war es schon sehr warm da vorne und dauernd versuchten sich irgendwelche dreisten Nachzügler skrupellos zwischen mich und die erste Reihe zu drängen. Aber ich kann ziemlich hart sein, wenn es drauf ankommt und so wehrte ich alle Angriffe auf meinen Platz erfolgreich und gewohnt stahlpanzermäßig ab.

Endlich wurden diverse Accessoires, die zum neue, lustigen Bühnenoutfit der Shambles gehören, aufgebaut: alte, englische Ladenschilder (ganz in Albionmanier), ein Ohrensessel, ein Kleiderständer und zwei alte Stehlampen.
Und dann kamen sie endlich daher. Der Peter, wie immer sehr schick, hängte Mantel und Schal ganz wohlerzogen auf den Kleiderständer und los ging's mit Carry On Up The Morning.
Ab diesem Zeitpunkt kämpfte ich ums nackte Überleben, aber sehr motiviert natürlich. Der schöne Drew, der Peter und Adam befanden sich die ganze Zeit in meinem Blickfeld (außer natürlich wenn ich grad Bier im Auge hatte oder die Haare meiner Vorderfrau im Mund oder wenn mein Gesicht von 8-10 Armen eingequetscht war oder wenn ohnmächtige Personen aus den hinteren Reihen über meinen Kopf nach vorne transportiert wurden) und Mick brauch ich ja bekanntermaßen nicht unbedingt sehen.

Ich habe die Shambles ja letztes Jahr schon mal in London erlebt. Damals allerdings nur aus der dritten Reihe und quer und da konnte ich nicht halb so gut sehen (und bin trotzdem nur knapp dem Mosh Pit-Tod entkommen!). Heute hab ich wirklich ALLES gesehen und ich kann es eigentlich nur so beschreiben: ich war romantisiert, ja ich möchte beinahe sagen aphrotisiert, exaltiert und extasiert – meine seit gestern voll ausgebrochene Grippe tat vielleicht ihr Übriges dazu.
Ich sang wie ein Weltmeister (weiss der Kuckuck warum nicht ich selbst längst auf den Bühnen dieser Welt vor Tausenden von kreischenden Fans auftrete), ich schrie und ich sprang. Und als ich einmal kurz keinen Platz für meine Füsse fand und die mir sowieso schon wehtaten, da zog ich sie einfach ein, was gar keinen Unterschied machte, weil ich so eingeklemmt war, dass ich ohne Bodenkontakt in genau der selben Höhe und genau im selben Takt weiter hüpfte. Äußerst praktisch das.

In der Setlist fehlten mir persönlich ein paar mehr von den alten Sachen und wenn schon so viele Songs von der Shotters Nation, dann hätte ich mir schon "There She Goes" und "Lost Art Of Murder" gewünscht.
Und dann war der ganze Auftritt so professionell und organisiert und perfekt. Ich will die Shambles wieder chaotisch und dreckig haben. Dafür war der Peter in guter Form, wirkte sehr anwesend und gesund, was ja auch was Schönes ist.

Hier die Setlist in vielleicht nicht ganz der richtigen Reihenfolge:

Carry on up the morning
Delivery
You talk
I wish
Sedative
Back from the dead
Unbilotitled
Badies Boogie
Unstookietitled
Pretty Sue
Was Ganz was Neues
Pipe down
Beg Steal and Borrow
The Blinding
Side of the Road
Albion
Killamangiro
Fuck Forever

Insgesamt war ich, wie zu erwarten war, begeistert und euphorisch und hab mir nach diesem fröhlichen Fest der Körperflüssigkeiten als ich mit der Nina durch ein Meer von Plastikflaschen und verlorenen Schuhen aus der Halle stolperte, noch ein T-Shirt gekauft - und das obwohl es natürlich völlig überteuert war. Aber was sollte ich machen? Meines war klatschnass und ich bin schließlich krank und brauchte deswegen ein trockenes. Dafür konnte ich vor der Halle noch zwei schöne Plakate sehr günstig illegal erwerben.

Abgesehen von den obligatorischen blöden "Pete Pete Pete Pete…"-Sprechchören (Hallo? Da tritt eine ganze Band auf, ihr Menschen!) war das einzig blöde an diesem Abend, dass ich den Peter leider wieder nicht aufgabeln konnte. ;-) Deswegen müssen wir uns alle wieder mit einer dilettantischen Montage zufrieden geben. Na ja, vielleicht schaff ich's ja noch mal die Babyshambles live zu sehen solange ich hier bin…









No! how could I let go?
Since I caught a glimpse of your white plimsoles
Twisting and turning to northern soul
Just once glance, ah well you know,
Everybody knows


- Malaika

Donnerstag, 31. Januar 2008

The earth is not a cold dead place





Während unsere Mitstudenten 3D lernen oder sich mit sonstigen akademischen Belangen beschäftigen, sehen wir unseren Auslandsaufenthalt ja eher als kulturellen Auftrag im Namen des Zusammenrückens der Völker an, die durch eine miese Laune der Natur und etwas so Lächerliches wie Geographie und irgendwelche verschobenen Platten voneinander getrennt wurden. Nachdem sich unsere Forschungsarbeit bislang auf Suffgespräche an Bushaltestellen oder in den Raucherzonen zahlreicher Bars und Clubs (sprich: draußen) beschränkte, haben wir nun eine weitere Dimension der Kultur für uns erobert und unser erstes Konzert besucht: "Explosions in the Sky".

Ich war ja schon ein bisschen aus dem Häuschen als ich irgendwo las dass die demnächst hier spielen würden und danach aufgrund akuter Ausverkaufsnervosität erst wieder beruhigt, als ich das wunderschöne Ticket endlich in meinen Händen halten und es abknutschen konnte. Voller Vorfreude und mit funkelnden Augen traf ich also Mali, ihren Mitbewohner Dafydd und Nina ungefähr 15 Minuten vor Einlass vor der Konzerthalle. Merkwürdigerweise hatte sich bereits zu diesem Zeitpunkt eine kilometerlange Britenschlange gebildet. Die Kolonne war so lang, dass ich erst befürchtete vor der falschen Manchester Academy gelandet zu sein und jetzt auf ein Linkin Park-Debakel gehen zu müssen - war dann aber doch richtig. Wahrscheinlich wollten die Leute einfach die ersten am Bierstand sein, sonst fällt mir da kein wirklicher Grund ein der irgendwie Sinn machen würde. Naja! Nina war die Einzige von uns die noch kein Ticket hatte und sorgte aus diesem Umstand heraus für ein weiteres kulturell sehr wertvolles Ereignis: Da war nämlich so ein mysteriöser Typ, nein eigentlich sogar zwei, die ständig entlang besagter Schlange der Sinnlosigkeit vor dem Einlass auf- und abliefen und dabei ein dunkles "Spare ticketsss... spare ticketsss... spare ticketsss..." vor sich hin zischten. Wir rätselten erst rum, ob der eine noch ein Ticket kaufen und der andere welche verchecken wollte, was ja schon fast einer tragischen Hollywoodschnulze gleichkommt, wo die sich schließlich dauernd auf halbem Weg der Schlange begegnen und dann doch aneinander vorbeisegeln, obwohl sie mit ihren sich perfekt ergänzenden Anliegen eigentlich für einander geschaffen wären!! Waren dann aber doch nur zwei gewöhnliche Schwarzmarkttypen in direkter Konkurrenz zueinander, was wahrscheinlich auch der Grund dafür war dass sie sich nicht weinend um den Hals gefallen sind, wie ich es für richtig gehalten hätte.
Nina schickte schließlich Dafydd vor, der in seinem Anzug äußerst slick und eh schon ziemlich businessmäßig aussah, um so ein Ticket abzustauben. Unsere erste Begegnung mit der Halbkriminalität also, wie aufregend! Wieder um eine Erfahrung reicher konnten wir alle doch noch, als die Schlange sich plötzlich in rasanter Geschwindigkeit in die Halle reinwand (nämlich zur Einlasszeit, d-uh) die Manchester Academy 1 betreten und über die frisch renovierte Geräumigkeit staunen. Ich staunte nicht besonders lange sondern tat es den Eingeborenen gleich und sprintete gazellengleich zur Bardame, auf dass sie mir taufrischen himmlischen Nektar zu meinem leiblichen Wohle gereiche, welches sowohl meine angekratzte Kehle vergülden als auch meine geschundene Seele in samtig-weicher Manier in warmer Umarmung heilen sollte. Anscheinend ist da in der Kommunikation aber wieder mal was schief gelaufen, die Alte hat mir nämlich doch wieder nur ein Bier im Plastikbecher hingeknallt. Naja, trotzdem danke.

Die Vorband bestand aus einem Typen der mit Gitarre, Effektgeräten und Keyboard/Synthie/keine Ahnung wirklich sehr schöne und wirklich sehr depressive Musik machte. Dass besagter Typ wirklich anwesend war erfuhren Mali und ich überhaupt erst nach zwei Liedern von Dafydd, da sich in der Zwischenzeit zu viele Briten zwischen der Bühne und unseren addierten knappen zwei Metern Körperlänge aufgebaut hatten.
Nach einem durch das zweite Bier nötigen kurzen Klogang waren wir glücklicherweise schlau genug, es einfach mal weiter vorne und links zu probieren. Da konnte man sogar teilweise was von der Bühne sehen, auch auf meiner Augenhöhe! Das war sehr super, weil ziemlich bald schon meine Lieblingsexplosionen die Bühne betraten und uns anderthalb Stunden lang in ihren Bann zogen. Ich muss zugeben dass ich sogar ab und zu die Augen geschlossen habe, was ja so ziemlich das "cheesieste" ist was man machen kann, aber es war echt zu schön um uncheesy zu bleiben. Außerdem habe ich ja keine Kreistänze aufgeführt und mir dabei vorgestellt ich wäre ein Baum im Zauberwald. Also alles noch im Rahmen.
Nach dem letzten Lied schickte ich noch ein paar Kusshände auf die Bühne und wir verließen die Halle wieder, mit der Romantik im Herzen.

Da ja jeder mit der Romantik ein bisschen anders umgeht, gingen wir nun getrennte Wege. Nina war zu müde und wollte darum nachhause, Mali war "too happy" und wollte darum auch nachhause, ich für meinen Teil war aber selbst auch "too happy" und wollte darum eben noch nicht nachhause, weshalb ich mich Dafydd auf der Suche nach seiner geburtstagfeiernden Mitbewohnerin anschloss. Dieses Unterfangen gestaltete sich als äußerst schwierig, da wir sie zwar immer wieder in verschiedenen Bars fanden, doch jedesmal seltsamerweise kurz bevor sie und ihre Freunde sich auf den Weg in ein anderes Lokal machten - und immer kurz nachdem wir schon etwas bestellt hatten. Hm!
Auch nicht weiter schlimm, so konnte ich zumindest weitere neue Besonderheiten kennenlernen - zum Beispiel die Karaoke Night im Footage, einem Pub/Club für die Jüngeren unter uns, also nicht für mich, sondern für die wirklich Jüngeren unter den Anderen. Ich weiss jetzt auch warum die Pubs hier so gerne Karaokeparties veranstalten: Wenn da nämlich ein angeheiterter Typ bei 50.000 Dezibel "The circle of life" von Elton John oder "I will follow him" aus Sister Act brüllt und die 13.000 Zuschauer begeistert mitgröhlen, kann man gar nicht anders als die Pints in Rekordzeit runterzuschütten. Göttlicher Nektar hin oder her, da hilft echt nur noch Betäubung.

Zum Schluss dieses vor Romantik und Schmalz nur so triefenden Eintrags noch eine letzte neue Erkenntnis von mir aus dieser magischen Nacht, diesmal linguistischer Natur:

Wenn ein Mann eine Frau "love" nennt, also wie in "cheers, love" oder "sorry, love", ist das ganz normal.
Wenn eine Frau eine Frau "love" nennt, ist das auch ganz normal.
Wenn ein Mann einen Mann "love" nennt, ist das schon ein bisschen anders und könnte für Irritationen sorgen.
- Wenn aber eine Frau einen Mann "love" nennt, wird sie dafür ge"bummed".

Sara: "Und was bedeutet bummed?"
Dafydd: "It means you get ass-raped."





"Cheers love" also an die Weiber
und ein trockenes "Tschüss" den Männern,
Sara