Sonntag, 13. Juli 2008

The stylish kids in the riot


Das Auslandssemester in Manchester war perfekt und eigentlich genauso, wie ich mir das vorgestellt hatte (eher noch besser). Und als Krönung des Ganzen stand gestern Abend das Pete Doherty Konzert in der ehrwürdigen Royal Albert Hall an. Was für ein glanzvoller Abend und was für ein perfekter Abschied vom Land der liebenswerten Schizophrenie!


Peter Doherty
Originally uploaded by aurélien.

Eigentlich hätte es im April stattfinden sollen, aber da war der Peter leider unpässlich, weil im Hefn. Also wurde es verschoben und deswegen musste ich meinen Aufenthalt hier um 2 Wochen verlängern, weil das konnte ich mir wirklich nicht entgehen lassen.

Da die Royal Albert Hall unglaublich schön und beeindruckend ist konnte ich mich sogar damit abfinden, dass es ein Sitzplatzkonzert war. Es war übrigens, nachdem die Karten im Februar erhältlich waren, nach 25 Minuten restlos ausverkauft.
Mein Platz war im Circle. Ich musste erst mal mit dem Lift in den 3. Stock fahren und fand dann meinen Sitz an einer wunderbaren Stelle in der Mitte. Dank dem fabulösen Opernglas meiner Mutschgi konnte ich dem Peter von dort aus also fast zwei Stunden lang genau in die Augen sehen. Alles sehr splendid also.

Der erste Höhepunkt des Abends war der, als der Peter auch tatsächlich erschien - das weiss man ja bei ihm nie so genau. Und dass "Lady Don't You Fall Backwards" das erste Lied war machte das Ganze gleich noch viel besser.
Schnell war klar, dass das Publikum aus abgebrühten Hardcore Fans bestand, denn vom Anfang bis zum - äußerst merkwürdigen - Ende konnte die ganze Halle alle Texte mitsingen und es war eher so eine Art Lagerfeuergesangsparty, halt ohne Lagerfeuer dafür in fancy roten Samtstühlen. Alles sehr heimelig. Gerne reichte ich auch das Fernglas herum, damit meine Sitznachbarn mal gscheit sehen konnten, wir teilten uns den teuren Tabak für unsere Wutzeltschicks und gemeinsam rätselten wir auch rum, wer denn die versprochenen zahlreichen very special guests sein könnten.
Und das war dann eigentlich die einzige Enttäuschung des Abends. Denn abgesehen vom Wolfman, der den Peter bei "For Lovers" unterstützte (was aber wirklich ungemein schön war), gabs dann nur noch einen special guest; und so special war der jetzt nicht, weil es nämlich der Mick war (Gitarrist der Shambles). Also nicht dass ich (oder sonst irgendwer in der Hall) ernsthaft den Carl erwartet hätte, aber so ein klitzekleiner Funke der Hoffnung ist wohl diesbezüglich nie tot zu kriegen.
Zwischendrin schickte der Peter uns alle in die Zigarettenpause und spielte danach munter weiter.

Die Setlist war fantastisch. Sehr viel Altes und Libertines-Sachen, wenig Shotters Nation:

Lady don’t fall backwards, Bollywood to Battersea, Time for Heroes, Carry on Up the Morning, Can’t Stand Me Now, East of Eden, French Dog Blues, Likely Lads, You’re My Waterloo, Tell the King, There She Goes, Ha Ha Wall, Side of the Road, Back from the Dead, Feel Like I’m Fixing To Die Rag, What a Waster, Arcady, Vertigo, Death on the Stairs, Beg Steal Borrow, For Lovers, Music When the Lights Go Out, Unstookietitled, Fuck Forever, Unstookietitled outro Suicide in the Trenches, Albion, I Wish

Und wie gesagt, die Athmosphäre war einzigartig (und eigenartig). "Fuck Forever" ist nicht gerade mein Lieblingslied, aber wie da dann plötzlich alle von ihren Sitzplätzen aufsprangen und durch die Gegend hüpften und wie der Gesang der Menge beinahe den vom Peter übertönte, das war schon ein schöner Augenblick. Da gaben es dann die Securities auch auf die Leute wieder zum Hinsitzen zu zwingen.
Der Mick erschien zu "Albion" mit seiner Mundharmonika und die macht dieses Lied ja immer ganz besonders. Rundherum waren alle glücklich und grinsten wie Honigkuchenpferde kurz vor der Notschlachtung. *seufz*

Und dann sagte der Peter "Tschüss" und das Licht ging an. Ganz anders als sonst immer stand aber keiner auf und ging nach Hause. Erst mal gab's Standing Ovations und danach unroyales Getrampel und dann fing der ganze Saal an "I wish" zu singen. Ungefähr zehn Minuten lang. Daraufhin kamen der Peter und der Mick doch nochmal raus und fingen selber an "I wish" zu spielen.

Und dann sprang ein Typ auf die Bühne. Sofort eilten die Security Leute herbei und versuchten ihn runter zu zerren. So einfach war das aber gar nicht. Der Typ riss sich los und hüpfte glücklich und mit den Armen wedelnd von einem Ende der Bühne zum anderen, während ihm die Sicherheitsmänner verzweifelt und erfolglos hinterher rannten. Da die also beschäftigt waren kriegten sie auch gar nicht mit, dass der Peter jemand anderem auf die Bühne half und wie, davon motiviert, plötzlich ein ganzer Haufen Menschen dieser "Einladung" folgte. Innerhalb von Sekunden war die Bühne voller Menschen, die alle gleichzeitig versuchten auf den Peter drauf zu springen. Sehr beeindruckend übrigens, wie er trotzdem weitersang bis er dann nach einem Erstickungslaut doch aufhören und von der Bühne flüchten musste.
Das war aber nicht das Ende der Stage Invasion. Denn ab diesem Zeitpunkt sangen dann einfach die Leute auf der Bühne weiter und übertönten mit ihrem Gesang die Drohdurchsagen durch die Lautsprecher. What a shambolic chaos! Ich konnte eigentlich nur mit offenem Mund dasitzen und staunen und nachdem das dann ja offensichtlich alles sehr friedlich war und wie ein Freudentanz aussah musste ich sehr darüber lachen. Als die Polizei schließlich eintrudelte hatte sich das Ganze eh schon beinahe aufgelöst.
Zwar muss ich zugeben, dass ich es schade fand, dass das Konzert deswegen leider ohne Zugaben endete, aber andererseits war's auch ein perfektes Ende für so einen merkwürdigen Abend - und irgendwie auch typisch englisch halt, also ein perfektes Ende für ein perfektes Auslandssemester.

Zum Glück hat jemand die Stage Invasion auf Video festgehalten:



Zur Feier dieses Events der Sonderklasse mach ich mir jetzt noch ein Ale auf.

Cheers Loves,

Mali

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