Dienstag, 8. Januar 2008

Welcome to the island





Cheerio ol’ chaps!


Seit Donnerstag Abend sind wir nun also auf der Insel, nach einem kurzen Londonabstecher in Manchester. Es gefällt uns sehr gut hier, in die schöne Stadt selbst haben wir uns eh alle schon ein bisschen verliebt. Aber wir sind ja nicht der Liebe wegen hier! Und schon gar nicht wegen Schönheit oder dergleichen, sondern natürlich nur um was zu lernen, klar. Und obwohl wir noch obdach- und kontaktlos (so langsam auch immer geldloser) sind, konnten wir schon viele wichtige Erkenntnisse für uns gewinnen.

1.) Die Leute die hier wohnen heissen nicht Manchesterianer und auch nicht Manchesteusen. Das sind nämlich Mancunians. Warum das so ist wissen wir nicht, wollen wir aber genauso gerne herausfinden wie zum Beispiel woher dieses ewige „Cheers“ kommt, wann man es am besten sagt und wann nicht, und ob der Busfahrer wohl sehr blöd schaut wenn wir ihm ein fröhliches „Cheers love“ entgegengröhlen.

2.) Die Mancunians sind verdammt cool. Teilweise fühlt man sich wie in einem Musikvideo, bei den ganzen geilen Stylern mit ihren Großstadtfressen um einen rum. Trotz aller Coolness scheinen die aber auch ziemlich heißblütig zu sein – anders ist es uns nicht erklärlich wie sie es aushalten können bei diesen Temperaturen halbnackt, also in kurzen Röckchen, mit aufgeknöpften Hemden, ohne Jacken und überhaupt äußerst unbekleidet durch die Stadt zu rennen, während wir uns in fetten Fleeceschichten eingehüllt fast zu Tode frieren. Die auf dem Bild ist leider noch zu angezogen, zeigt aber so ansatzweise den Style der hier vorherrscht.



3.) Wir sind Landeier.

4.) Linksverkehr ist auch als Nichtuautofahrer gar nicht so einfach! Irgendwie haben die letzten 24 - 31 Jahre Mitteleuropa wohl auch bei uns ihre Spuren hinterlassen, es fällt uns jedenfalls ziemlich schwer beim Straßenüberqueren zu erraten aus welcher Richtung wir wohl am ehesten überfahren werden und wo man also am besten zuerst hinschaut („Achtung, RECHTS!“ „Was wo??“ „AAAAAHH!!“). Nachdem Nina gestern einige Male laut kreischend gerade noch so der Plattwalzung entkommen konnte, habe zumindest ich mich dazu entschlossen, mich nur noch auf mein Gehör zu verlassen und gar nicht mehr irgendwohin zu kucken.

5.) Viele Sachen sind dehnbar. So zum Beispiel auch Fallowfield, ein Stadtviertel das uns von allen Seiten als der ultimative Studentenpfuhl und sehr nett und überhaupt cool empfohlen wurde. Moss Side hingegen ist so ziemlich das übelste Ghetto Manchesters mit einer blühenden Gangkultur. Am besten man geht da gar nicht erst hin, hat mir mal ein Urmancunian geraten. (das heisst hier ja nicht umsonst auch Gangchester oder gleich Gunchester) So beschränkten wir uns bei der Wohnungssuche bislang also auf Fallowfield und noch ein paar andere Bezirke. Als wir in einem Inserat ein Fallowfielder 8-Zimmer-Haus mit zwei freien Zimmern fanden, waren wir also schon ziemlich glücklich, obwohl die vergleichsweise extrem niedrige Miete uns doch etwas skeptisch machte. Dave, der Hausbesitzer/Landlord, wollte zudem keine Leute die intravenöse Drogen nehmen. Wir ließen die Spritzen also im Bed & Breakfast und machten uns auf den Weg. Die Skepsis bezüglich der Adresse stieg wieder als der 111er-Bus, der uns zu diesem unglaublich geilen Haus in der unglaublich geilen Wohngegend bringen sollte, mit „MOSS SIDE“ angeschrieben war. Wir waren dann auch die einzigen die da einstiegen. Um Zeit zu sparen sprangen wir früher aus dem Bus und nahmen eine Abkürzung, ein sehr schöner Spaziergang eigentlich, der uns sehr deutlich vor Augen führte, dass wir definitiv in der Bronx gelandet waren. Wir hätten ja gerne Fotos gemacht oder einen der Crackdealer darum gebeten eins von uns zu machen, haben es uns dann aber doch anders überlegt und uns lieber hinter dem extrem unauffälligen 12-Quadratmeter-Stadtplan verschanzt. Aber alle Schießereien und Messerstechereien mal beiseite ist Moss Side schon ein ganz ganz tolles Fleckchen! Wird nie langweilig, weil immer wenn man sich denkt, so, das muss jetzt die übelste Straße sein, biegt man in die nächste ein die das Wort „übel“ noch mal in ein anderes Licht rückt. Als wir dann schlussendlich vor dem gar nicht mehr so geilen Haus in der gar nicht mehr so geilen Wohngegend standen, hatten wir schon alle beschlossen da bestimmt nicht hinzuziehen, Kulturenclash und Mietpreis am Arsch, ließen uns aber doch hereinbitten – einfach um von der Straße wegzukommen. Es stellte sich dann heraus, dass Jill, 43 Jahre jung, (die Landlady) gerne viel Wein trinkt und nach dem Weggehen auch mal erst um halb 11 am nächsten Tag heimkommt und dann unten im Stuhl verpennt, wohingegen David (der Landlord) zu alt und zu langweilig (O-Ton Jill) ist um das Haus zu verlassen und dafür ein echter Putzteufel ist, weil Unsauberkeit und Unordnung kann er ja überhaupt nicht ab, darum wird auch alle drei Wochen aufgeräumt. Wir inspizierten also noch schnell die zwei zur Verfügung stehenden Zellen, lauschten gespannt Jill’s Saufstories und machten uns relativ bald wieder auf den Weg.

6.) Moss Side ist nix für uns.



7.) Wir versuchen ja wirklich unser Bestes cool zu sein. Vorallem weil die Mancunians da so dermaßen steil vorlegen – aber irgendwie klappts nicht so ganz. Ob es an unserer unpassenden Kleidung (Jacke und Wollmütze) liegt? Immerhin wurde Nina von den Moss Side-Leuten ziemlich lange wegen ihrem „Lama Hat“ ausgelacht, der nicht besonders „fashionable“ sei. Oder sind es unsere verwirrten Landeifressen, auf die wir immer wieder ein freundliches „Are you lost?“ zu hören bekommen? Vielleicht sind es aber auch unsere verbalen Ausfälle die unsere Coolness blockieren – wenn Nina im International Office den halben Tisch mit einem gekonnten Schwung abräumt, stößt sie schon mal ein „OH SHIT“ aus, Mali sagt zustimmend „Isch guat!“ und ich für meinen Teil muss jetzt echt mal aufpassen wann und wo ich meine lustigen Araberimitationen bringe.

8.) Engländer haben sehr viel Chlor im Wasser und sehr sehr dünnes Klopapier. Das eine hat mit dem anderen aber nichts weiter zu tun.

9.) Dass man in England nicht gut essen kann ist ein Gerücht. Vielleicht liegts ja auch daran dass wir zum Großteil auf der Currymile bei den Indern und Pakistani essen waren, aber bisher haben wir uns jeweils gefühlte 50.000 Kilo angefressen. Allerdings haben wir auch noch keine merkwürdigen urenglischen Pasteten oder Augensteaks ausprobiert, wir geben dann noch Bescheid wie das so ist und ob sich nicht doch eine Verbindung zu Punkt 8 finden lässt.

10.)Also die Kapazität hier - einfach unglaublich over the top.




Cheers love,
Sara

1 Kommentar:

vikihae hat gesagt…

i finds jo toll, dass eure linkliste noch mir benannt isch... :P

klingt jo bereits spannend vo eu do doba. viel glück mti da wohnungssuche.. ;)