Mittwoch, 16. Januar 2008

Kings of the road

Mit der mancunischen Lässigkeit läufts jetzt schon viel besser. Ich entgehe ungefähr zwanzig Mal am Tag mit urbaner Nonchalance smooth dem Tod durch Überfahrung, reagiere auf Blicke anderer mit gekonnt versteinertem Gesichtsausdruck und! Ich kann mittlerweile busfahren!! In Vorarlberg bin ich ja so quasi der meistbusfahrende Mensch überhaupt, bedingt durch meine Scheisspendlerei zwischen Lustenau und Dornbirn, und hab gedacht zumindest das hätte ich also drauf, aber nee! Wenn man in Manchester Bus fahren will muss man nämlich ganz viele Sachen bedenken die in V komplett wegfallen.

Das fängt schon beim Einfachsten an: Der Bus bleibt nämlich gar nicht stehen. Wir haben schon so manchem "Magic Bus" mit Tränen in den Augen nachsehen müssen, bis wir mal rafften dass man winken muss damit er anhält. Man kann aber auch nicht einfach so irgendeinen Bus herwinken! Es ist hier nämlich so, dass mehrere verschiedene Busgesellschaften durch die Stadt gondeln, und man beim Ticketkauf einiges an Geld einsparen kann, wenn man die Tagestickets nur für eine dieser Gesellschaften (Stagecoach, Finglands, Arriva und mein persönlicher Liebling: Bullocks) löst. Da zahlt man nämlich nur 3 Pfund und kriegt dafür einen Zettel auf dem "Day Rider" steht. Ist ja schon mal geil. Wenn man dann aber irgendwo im Regen steht, was ja hier öfters mal passieren kann, und unbedingt schnell wieder von diesem Ort weg möchte (Moss Side, Uni etc), kann man noch so stolz darauf sein dass man ein Stagecoach-Day Rider ist, der Finglands-Bus nimmt einen trotzdem nicht mit. "YOU HAD MY SUSPICION!" brummt der Fahrer dann nur mahnend nachdem man versucht hat hastig an ihm vorbei zu springen, kurz bevor er einen wieder rausschmeisst. Vorallem wenn man im betrunkenen Zustand durch die Stadt stolpert ist es also ratsam so ein Tagesticket für alle Busse um 4 Pfund zu kaufen. Nicht nur dass man dann den Luxus leben kann sich einfach wahllos in jeden Bus zu stürzen der einem gerade gefällt, nein! Mit diesem kostbaren Zettel bekommt man auch einen noch geileren Titel verliehen: "Day Saver"! Ich für meinen Teil habe es die letzten 36 Pfund (=9 Tage) sehr genossen offizieller Tagesretter zu sein, bin jetzt aber doch auf eine langweilige Monatskarte umgestiegen. Eine ziemlich gute Investition, zumal ich natürlich die Einzige von uns bin die noch keine Unterkunft hier hat. So kann ich es mir vielleicht nachts mal in einem Doppeldecker meines Vertrauens gemütlich machen. Wir sollen hier ja schließlich Erfahrungen gewinnen...oder so.

Ach ja! Wenn man erstmal das Ticket gelöst hat, gehts ja weiter. Irgendwo sollte man schließlich auch sitzen. Und wenn die die Busse hier schon doppelt so hoch bauen, laufen wir natürlich gerne hoch in den ersten Stock um uns wie Könige zu fühlen bzw so zu tun als ob wir den Bus selbst steuern würden (mit lautem "BRUMM BRUMM!!" hat Nina schon am ersten Tag sehr viele neue Freunde dazugewonnen) bzw die anderen Mitpassagiere mit unserer Anwesenheit zu nerven. Und wie man das aus dem Schulbus kennt - die härtesten Gangster sitzen immer ganz hinten. Nach anfänglichem Zögern trauen auch wir uns mittlerweile immer öfter unsere Luxuskörper in die hintersten Reihen der Magic Busses zu verfrachten und können also so noch ein paar Lässigkeitspunkte mehr für uns einstreichen.

Erwähnte Punkte werden allerdings ganz schnell wieder verloren, wenn man immer noch zu blöd ist um zu wissen wo man sich überhaupt befindet und wo zur Hölle man aussteigen muss (sich an roten Backsteinhäusern zu orientieren ist gar nicht mal sooo einfach und auch nicht besonders schlau), und mit lautem, germannischen Geschrei "SCHEISSE MIA MÜASSEND UUUUSSEEEEE!!" den doch ziemlich weiten Weg aus der hintersten Reihe und die lebensgefährliche Treppe runterpoltert.

Sollte man allerdings auch dies geschafft haben und den Weg ins Freie finden, kommt das Wichtigste! Weil die Mancunians entgegen aller Gerüchte so höfliche und freundliche Menschen sind, motzen sie den Busfahrer nicht wie die Vorarlberger Dorfjugend auf dem Weg in die Blaue Sau in präpubertärer Manier an, sondern danken ihm herzlichst. Wofür weiss ich nicht, habs mir aber trotzdem angewöhnt es den Eingeborenen gleichzutun, natürlich nur sofern der Busfahrer mir sympathisch ist - irgendwo ist ja auch mal Schluss.

In diesem interessanten Blogeintrag leider noch nicht, ich kann nämlich beim besten Willen nicht soviel über Busse schreiben ohne unseren Lieblingsfahrer zu erwähnen. Ein wirklich sehr cooler Typ, der manchmal während der Fahrt singt und vor sich hin lacht, immer einen äußerst rasanten und abenteuerlichen Fahrstil an den Tag legt (Dialog zwischen ihm und einer Passagiererin - Sie: "You don't know how to drive a bus!" Er: "WHAT?! It's not my fault, this bus is too old - see!" (Quietschen-Krachen-Passagiere fallen um) Er: "Now don't tell me I can't drive! UAHAHAHAHAAA"), sich gerne über die Herkunft seiner Mitfahrer unterhält ("Oh Austria - where Hitler came from!") und prinzipiell schon 200 Meter vor jeder anzufahrenden Haltestelle die Türen öffnet. Ziemlich praktisch, weil man bei dem Schwung eh schon von selber rausfällt und also schneller draussen ist.

Beim letzten Mal hab ich ihm nach der üblichen Danksagung noch geraten vorsichtig zu fahren. Das winkt er nur cool mit einem "Yeah yeah" ab und braust genauso wahnsinnig wie er gekommen ist wieder davon - mit ca 76 verängstigten Day Ridern und Day Savern im Gepäck. Was für ein Mann!





Cheers love,
Sara

3 Kommentare:

blumenkind hat gesagt…

was für ein mann, sara.... :-)

Anonym hat gesagt…

Allein diese Vorwarnung, was noch alles auf mich zukommen kann, ist schon den DaySaver-Titel wert.

Anonym hat gesagt…

muahahahahaa ... ein dreifach hoch auf diesen text und auf die manchesterer busgesellschaften samt durchgeknallten fahrern. und natürlich auf die durchgeknallten landeier-passagierinnen.